Ein ganzes Jahr dauert nun schon dieser Krieg, von dem zu Beginn auch manche Militärexperten geglaubt haben, er wäre nach wenigen Wochen, wenn nicht sogar Tagen beendet. Beendet durch einen militärischen Sieg der Russen aufgrund ihrer großen Überlegenheit. Doch eine solche Überlegenheit gibt es nur, wenn man lediglich die Zahl der Soldaten, der Panzer, der Flugzeuge und anderem Gerät vergleicht. Wenn man außer Acht lässt, dass eine andere Überlegenheit vielleicht viel wichtiger ist, nämlich die moralische Überlegenheit der mutigen Ukrainerinnen und Ukrainer, die nur friedlich und frei in einer Demokratie leben wollen und mit allen Konsequenzen bereit sind, dafür zu kämpfen. Im Grunde genommen wurde diese moralische Überlegenheit schon in den ersten Kriegstagen sichtbar, als der demokratisch gewählte Präsident Selenskyj nicht ins sichere Exil floh, sondern sich auf offener Straße in Kiew zeigte, während das russische Militär siegessicher auf die Hauptstadt zurollte. Diesen Mut, diese Entschlossenheit zeigen von Anfang an die meisten Ukrainer und deshalb bin ich davon überzeugt, dass Russland am Ende nicht gewinnen kann, sondern einen hohen Preis für den Versuch zahlen wird, ein anderes souveränes Land zu überfallen und sich einzuverleiben. Es liegt im Interesse aller anständigen Menschen, dass ein Aggressor mit solch einem brutalen Krieg keinen Erfolg haben darf.
Niemand weiß, wann dieser Krieg endet und wie viele Menschen noch sterben müssen, wie viele Häuser zerstört werden. Ich hoffe sehr, dass der nächste Jahrestag nicht mehr im Krieg stattfindet, und dass, wenn endlich die Waffen schweigen, die Ukraine als unabhängiges Land weiter bestehen wird. Dafür müssen wir ihr weiterhin helfen und bereit sein, selbst Einschränkungen hinzunehmen, unsere Solidarität darf nicht nachlassen.

Wir als Flüchtlingshilfe sind stolz darauf, dass wir im Papenteich rund 200 geflüchteten UkrainerInnen wirkungsvoll helfen können und danken allen, die uns dabei unterstützen. Gleichzeitig sind wir selbstverständlich auch für die Geflüchteten anderer Nationalitäten da, auch wenn am 24. Februar unsere Gedanken vor allem bei den Ukrainerinnen und Ukrainern sind.
Heinrich Lagemann